Wie alles begann

Giesinger Faschingszug 1954. Foto: Maria Nau

Es heißt, 1952 habe der erste Faschingszug auf Giesings Höhen stattgefunden. Offiziell lässt sich ein Faschingszug allerdings erst ein Jahr später in der Berichterstattung der Münchner Zeitung finden. 1953 hatte der Giesinger Bezirksausschussvorsitzende Franz Eigl zum bunten Treiben auf Giesings Straßen aufgerufen. Die Beteiligung von verkleideten Gruppen und Faschingswagen am Zug war mäßig, trotzdem waren die Straßen voller Schaulustiger und faschingsbegeisterter Narren.

Dies änderte sich in den folgenden Jahren. Ein ausgefeiltes Programm war 1955 in der Süddeutschen Zeitung zu lesen, wo zum Fasching in Giesing eingeladen wurde:


Faschingszug in Obergiesing
«Wie im Vorjahr, wollen die Obergiesinger heuer einen eigenen Karnevalszug zusammenstellen. Er wird am Faschingsdienstag vom Walchenseeplatz durch die Perlacher- und Tegernseer Landstraße bis zum Ostfriedhof und von dort zurück in die Deisenhofener Straße ziehen. Der Weg wurde gemeinsam mit Vertretern des Polizeiamts München-Ost und der Verkehrsbetriebe festgelegt. Das Obergiesinger Prinzenpaar, Freddi I. und Erika, fahren zweispännig mit und werfen dabei 1000 Kostproben einer Münchner Keksfabrik unter die Zuschauer. Bei einer Sitzung des Festkomitees […] wurde das weitere Programm bekannt gegeben. Demnach führen Waisenkinder vor dem Martinsspital einen Schäfflertanz auf. Danach gibt die Trambahnerkapelle vor dem Postamt München 9 ein Standkonzert, während verkleidete Männer ein Schubkarrenrennen in der Werinherstraße austragen. Fast 200 Schutzleute und zahlreiche Ordnungsmänner, die als Kennzeichen schwarze Zylinder tragen, sorgen für die Freihaltung der wichtigsten Durchgangsstraßen. Bereits um sieben Uhr früh wird das Parken gesperrt, nachmittags soll der Verkehr wie bei großen Fußballspielen umgeleitet werden. In einem Aufruf ermahnte das Komitee die Giesinger Betriebe, am Dienstag rechtzeitig Feierabend zu machen. An die Giesinger erging die Aufforderung, maskiert zu dem bunten Treiben zu erscheinen.»

Süddeutsche Zeitung vom 17.02.1955


Der Zeitzeuge Johann «Hans» Sigl

Johann «Hans» Sigl, geboren 1929, ist waschechter Giesinger. Die Familie wohnte zunächst in der Heimgartenstraße, wo im Krieg ihr Haus zerstört worden ist. Nach dem Krieg zogen sie in eine Wohnung in der Deisenhofener Straße.

Seit 1949 gehörte Sigl dem SC München von 1906 e. V. an. Anfangs als Mitglied der Ringermannschaft, ab 1953 als Vorstand der Kraftsportabteilung (KSA), der neben den Ringern auch die Gewichtheber angehörten. In den Jahren 1990–1993 und von 1999–2004 war Hans Sigl auch als 1. Vorstand des Hauptvereins aktiv. Seit 2006 ist er auch Ehrenvorsitzender des Vereins.

Seine Erinnerungen an den Faschingszug stammen aus der Anfangszeit des Zuges in den 50er Jahren.


«Ein buntes Spektakel!»

Farbfotografien waren in den 50er Jahren erst im Kommen. Diese wunderschönen Zeitzeugnisse haben wir Bernhard Igelmann (1909–2009) zu verdanken, der als Zuschauer 1953 und 1955 seinen Fotoapparat zückte. Seine Tochter Renate Gensch las von unserer Sammelaktion in der Zeitung und wir freuen uns, die Bilder zeigen zu dürfen.

Eine besonders schöne Erinnerung an die Anfänge des Faschingszugs in Giesing: auch die «Besatzer», die amerikanischen Big Bands beteiligten sich am Faschingstreiben – und waren der Hit! (s. Zeitzeugeninterview Franz Peter)